Der Bettfedern-Express

 

Mit einer gültigen Fahrkarte von Oberferrieden nach Nürnberg oder umgekehrt konnte man früher auch ab- beziehungsweise nach Unterferrieden fahren. Das ging dann ab Bahnhof Burgthann mit dem „Allersberger Boggl“. Morgens fuhr der erste Zug ab Allersberg durch bis nach Nürnberg. Später, am Nachmittag, nahm er dann die Pendler ab Nürnberg wieder mit zurück nach Allersberg. Wenn die Zeit gerade passte, fuhren auch Passagiere aus Oberferrieden mit diesem Zug mit bis nach Unterferrieden, vor allem Leute aus dem Unterdorf, die dadurch einen oft kürzeren, vor allem aber bequemeren Heimweg als vom Oberferrieder Bahnhof hatten. Wenn der „Boggl“ dann vor der Unterferrieder Haltestelle ausrollte, sprangen beherzte junge Männer auch schon mal ab, um sich einige hundert Meter Heimweg zu sparen.

 

Einmal war ein angesehener Oberferriedener mit dem „Boggl“ auf der Heimfahrt. In Nürnberg hatte er ein Feder-Oberbett reinigen lassen und wollte es nun heimbringen. Da der Heimweg mit so einem großen Teil aber doch zu beschwerlich war, ließ er sich von seinem Sohn vom Bahnhof Burgthann mit dem Motorrad abholen. Der Freund des Abholers war zufällig auch im Zug, und so beschlossen die drei gemeinsam auf dem Motorrad heimzufahren, samt Federbett. Die Reihenfolge dabei war: Erst der Motorradfahrer, dann der Freund, dann das Federbett und zum Schluss der Herr im gesetzten Alter.

 

Man beschloss, die Heimfahrt über den „Unterferrieder Bahnweg“ zu machen. Der führte vom Ortsausgang Unterferrieden Richtung Pfeifferhütte und am „Birnbaum“ geradeaus Richtung alter Kanal zur Schleuse 36. Dort konnte man zu Fuß oder mit dem Fahrrad über einen heute abgebrochenen Steg den Kanal überqueren.

 

Für ein Motorrad reichte die Breite des Stegs gerade noch; problematisch war nur die Zufahrt. Es waren über den Auslauf der Schleuse einfach aufgesetzte Stahlträger, die mit Beton ausgefüllt waren und deshalb eine kleine, aber steile Rampe bildeten. Für Fußgänger war das kein Problem, aber für ein Motorrad mit drei Passagieren und einem Federbett schon. Vor allem die seitlich angebrachten Eisengeländer mit rundgebogenen Enden und vielleicht einem Meter Zwischenraum stellten hohe Ansprüche an das fahrerische Können.

 

Also nahm der Fahrer Maß, gab wegen der kleinen Rampe kräftig Gas und zielte auf die Mitte des Steges. Das Vorderrad kam gut über die Schwelle, der Fahrer auch, ebenso der erste Beifahrer, aber beim Federbett war Schluss. Es verhakte sich links und rechts an den Geländer-Enden und blieb samt zweitem Beifahrer hängen. Vorbei war es mit einer gemütlichen Heimfahrt, und ob das Federbett  oder der zweite Beifahrer Schaden gelitten haben, entzieht sich der Kenntnis des Schreibers.

 

J. Hermann Wiesand

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